Ärzte für individuelle Impfentscheidung e.V.

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26. April 2020

IMPFPFLICHT GEGEN COVID-19 ?

Ein Positionspapier zu Impfstoffentwicklung und Impfpflicht

Impfungen sind vorbeugende Maßnahmen an gesunden Menschen – sie müssen daher grund-sätzlich höheren Anforderungen an ihre Wirksamkeit und vor allem Sicherheit genügen, als z. B. therapeutische Medikamente, bei denen ein bestehender Leidensdruck unter Umständen gewisse Behandlungsrisiken rechtfertigen kann.Die verantwortungsvolle Entwicklung wirksamer Impfstoffe ist ein sinnvoller und notwendiger Baustein internationaler Strategien gegen jegliche Pandemie. Derartige Impfstoffe sollten weltweit den Menschen, die sich damit schützen wollen, zugänglich sein.Dennoch warnen wir eindringlich davoreinen möglichen Impfstoff zum zentralen Lösungsansatz zu machen, um die gegenwärtige COVID-19-Pandemie einzudämmendas Wiederherstellen rechtsstaatlicher Verhältnisse von der Verfügbarkeit eines solchen Impfstoffs abhängig zu macheneine Impfpflicht zur Voraussetzung dafür zu machen, dass Grundrechte (wieder) gewährt werden.Zur Sicherheit eines COVID-19-Impfstoffs Trotz jahrelanger, intensiver und internationaler Bemühungen ist es bis heute nicht gelungen, Impfstoffe gegen Corona-Viren (SARS, MERS) zu entwickeln. So zeigte sich z. B. bei den bisherigen Impfstoffkandidaten gegen SARS, dass geimpfte Versuchstiere nach der gezielten Infektion mit dem Wildvirus schwerwiegende Lungenschäden entwickelten.Darüber hinaus verwenden viele der aktuell in Entwicklung befindlichen Impfstoffe Technologien, die entweder völlig neuartig sind und bei denen daher keinerlei klinische Erfahrung am Menschen vorliegen (mRNA-Impfstoffe), oder die sich noch im Erprobungsstadium mit sehr eingeschränkter entsprechender Erfahrung befinden (z. B. Impfstoffe unter Verwendung viraler Vektoren). Die poten-tiellen Risiken dieser Impfstoffe sind derzeit nicht verantwortungsvoll beurteilbar.Aus wissenschaftlicher und ethischer Perspektive ist es deshalb unerlässlich, bei der Entwicklung und vor allem der Erprobung dieser Impfstoffe besondere Sorgfalt walten zu lassen. Dies schließt eine besonders gründliche und längerfristige Beobachtung auf eventuelle unerwünschte Arzneiwirkun-gen ein. Die abschließenden Phase-III-Studien müssen mit ausreichend großen Probandenzahlen, einer Vergleichsgruppe mit echtem Placebo und einer genügend langen Nachbeobachtungszeit erfolgen, um auch weniger häufige Nebenwirkungen schon vor der Zulassung erfassen zu können.Gerade die jüngsten Vorgänge um den Gürtelrose-Impfstoff Shingrix® zeigen, dass sich auch bei regulär zugelassenen Impfstoffen noch Jahre nach der Anwendung gravierende Nebenwirkungen herausstellen können. Shingrix® ist ein „adjuvantierter“ DNA-Impfstoff – ein Herstellungsverfahren, das auch bei einigen SARS-CoV-2-Impfstoffkandidaten verwendet wird.Zur Wirksamkeit eines COVID-19-Impfstoffs Erschwerend kommt bei SARS-CoV-2 hinzu, dass die Aussagekraft der Antikörpermessungen im Blut für die tatsächlich vorhandene Immunität gegen die Infektion unklar ist. Der bloße Nachweis entstandener Antikörper kann hier also nicht – wie sonst oft üblich – als ausreichender Beweis für die Impfstoffwirksamkeit herangezogen werden. Für den Nachweis eines tatsächlichen Schutzes vor Infektion und Erkrankung sind große Vergleichs-gruppen und langfristige Nachbeobachtungen notwendig.Zusammenfassend bestehen bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen SARS-CoV-2 bezüglich des Nachweises von Sicherheit und Wirksamkeit besonders viele Unsicherheiten und Fragen. Die immer wieder diskutierte Zulassung eines solchen Impfstoffs an den etablierten Sicherheits-standards der Impfstoffentwicklung vorbei („fast-track“-Zulassung), die durch die jüngste, ver-fassungsrechtlich umstrittene Novelle des Infektionsschutzgesetzes erst ermöglicht wurde, halten wir daher für absolut unverantwortlich.26. April 2020

 

Zur Frage einer direkten oder indirekten Impfpflicht

Die Infektion mit SARS-CoV-2 führt nur bei einem sehr kleinen Teil der Infizierten zu schweren, komplikationsträchtigen oder gar bedrohlichen Krankheitsverläufen. Die überwiegende Mehrzahl hat keine oder nur leichte grippeähnliche Beschwerden. Es ist davon auszugehen, dass bis zur Zulassung eines SARS-CoV-2-Impfstoffs wesentliche Teile der Bevölkerung Antikörper gegen das Virus gebildet haben. Ein sehr großer Teil der Bevölkerung würde von einer Impfung also nicht profitieren.Nach aktuellem Kenntnisstand (Ende April 2020) ist nicht abschließend geklärt, ob und in welchem Maße COVID-19 überhaupt eine individuelle Immunität als Schutz vor einer erneuten Erkrankung hinterlässt. Wir wissen auch nicht, ob es sich bei SARS-CoV-2 nur um einen einzigen Virusstamm handelt, oder ob nicht zwei oder drei verschiedene Stämme grassieren. Ebenfalls ungeklärt ist, ob und inwieweit das Durchleben der Erkrankung tatsächlich davor schützt, das Virus weiterzuverbreiten. Die Frage nach dem Entstehen einer klassischen Herdenimmunität ist derzeit also für die durchgemachte COVID-19-Erkrankung nicht beantwortet.Ob nach einer Impfung gegen SARS-CoV-2 eine individuelle Immunität vorhanden ist, wird – wie oben dargestellt – nur in aufwändigen und längerfristigen Studien zu beantworten sein. Dies gilt in noch höherem Maße für die Frage, ob die Impfung tatsächlich auch eine Herdenimmunität erzeugt (von den etablierten Impfstoffen erreichen dies nur wenige). Solange nicht zweifelsfrei nachgewiesen ist, dass SARS-CoV-2-Impfstoffe zuverlässig zu dieser Herdenimmunität führen, können sie allenfalls für Risikogruppen empfohlen werden, um einen individuellen Schutz zu ermöglichen. Eine allgemeine Impfempfehlung ist nur zu verantworten, wenn Sicherheit und Wirksamkeit der Impfung ausreichend untersucht sind, und wenn geklärt ist, wie der bereits natürlich immunisierte Teil der Bevölkerung von der Impfung ausgenommen werden kann. Die Forderung nach einer Impfpflicht, mit der sich einige Politiker bereits an die Öffentlichkeit gewandt haben, halten wir für unethisch, denn sie bricht das Recht auf körperliche Unversehrtheit als verbrieftes Grundrecht. Eine Impfpflicht gegen SARS-CoV-2 entbehrt deshalb jeder Grundlage.Wir fordern: Ein zukünftiger SARS-CoV-2-Impfstoff muss vor der Marktzulassung im Rahmen etablierter Zulassungsverfahren für Impfstoffe bezüglich seiner klinischen Wirksamkeit und seiner Sicherheit wissenschaftlich eingehend geprüft werden.Ein zukünftiger SARS-CoV-2-Impfstoff muss nach der Marktzulassung einer intensiven aktiven Anwendungsbeobachtung („post-marketing-surveillance“) unterzogen werden.Ein Umgehen, Abschwächen oder Abkürzen dieser Verfahren im Rahmen der verfassungs-rechtlich hochumstrittenen jüngsten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes lehnen wir aus den geschilderten Gründen kategorisch ab.Die Entscheidung für oder gegen eine SARS-CoV-2-Impfung muss – wie bei jeder Impfung – die individuelle Entscheidung eines jeden Menschen bleiben.Das Gewähren oder Versagen grundgesetzlich verbriefter Menschenrechte darf in keinem Fall an eine Impfentscheidung geknüpft werden. Die Entwicklung von bevölkerungsbezogenen Strategien und Szenarien für den Umgang mit der Pandemie, die auch für den Fall realistisch und umsetzbar sind, dass ein Impfstoff nicht oder nur in eingeschränktem Maße zur Verfügung steht.

Dr. med. Steffen Rabe Sprecher des Vorstands Ärzte für individuelle Impfentscheidung e. V.